Seriencheck (52)

Wegen der Fußball-EM hat sich der zweite Teil der Jahresabschlusswertung verzögert. Schwerpunktmäßig stehen diesmal die Drama-Serien an. Da deren Finals nun auch schon ein paar Wochen zurückliegen, muss ich mich stellenweise mühsam zurückerinnern. Es ist also gut möglich, dass ich in den nächsten Abschnitten ein wenig allgemein klingen werde. Letzten Endes aber bringen eh die Wertungen meine Eindrücke am ehesten auf den Punkt. Beziehungsweise auf die Zahl.  
Auf seriencheck.wordpress.com ist nun auch das Ranking zur TV Saison 2011/2012 verfügbar.

Awake (Season 1)

Mysteryserie. Kriminalfälle. Nach 13 Folgen abgesetzt. Drei Stichworte, die im Zusammenwirken eigentlich den sicheren „Braucht keiner zu gucken“-Reflex auslösen. Nicht so bei „Awake“. Denn die Show um den in Alternativwelten ermittelten Detective Michael Britten schaffte es nicht nur, mich mit spannenden Fällen bei der Stange zu halten, sie packte mich auch emotional um einiges mehr als viele andere Konkurrenzshows ( „Touch, „Falling Skies“). Und sie bot einen runden Abschluss, der mich als Zuschauer zufrieden seufzend statt verärgert grummelnd zurückließ. Tja, liebe Fernsehschaffende, das geht auch. Von den Wertungen her pendelte das Ganze stets zwischen gut und sehr gut, drei Mal gab es befriedigend und zum Ende hin, sprich: die letzten drei Episoden, sogar zweimal das Prädikat Spitzenklasse. Ein Qualitätsverlauf, den man bei frühzeitig in Rente geschickten Serien doch sehr, sehr selten sieht. Von mir gibt es eine uneingeschränkte Empfehlung für alle, die der Mischung aus Krimi, Drama und WTF? nicht von vorneherein abgeneigt sind.

Gesamtwertung: 5,50 Punkte (sehr gut) 
Anzahl hoher Einzelwertungen: 2x 6,0 Punkte; 3x 5,5 Punkte
Best of Season: S1E11 Say Hello To My Little Friend; S1E12 Turtles All The Way Down 

Fringe (Season 4) 

Die dritte Staffel schwebte letztes Jahr über allem, was ich im Bereich Drama-Serien gesehen hatte. Waren die ersten beiden Seasons immer noch mit diversen Füllerfolgen durchsetzt, schienen die Macher (wahrscheinlich in Zusammenarbeit mit Dr. Walter Bishop) plötzlich das Gottesteilchen der Mysteryshows entdeckt zu haben. Konnte die vierte Staffel daran anknüpfen?
Nein, ein leider deutliches Nein. Die Gründe sind vielfältig: Einmal sicherlich die zerrissene Ausstrahlung mit ewig langen Wartepausen, in denen man als Zuschauer flott mal vergessen hatte, was zuvor passiert war. Zweitens das allgemeine Resetting zu Beginn. Wieder eine neue Zeitlinie, alle Charaktere verhalten sich anders (und wenig spektakulär anders), das raffinierte Welten- und Persönlichkeitenkonstrukt der vorherigen Folgen ist aufgelöst. Klar, die dargebrachten mysteriösen Geschichten konnten schon einiges an Boden wiedergutmachen, aber für die Spitzenklasse reichte es stellenweise bei weitem nicht mehr. Letzter Punkt: viel Stoff für die „Shipper“, die Relationship-Fans, die Liebesbeziehungsfanatiker. Ja, Olivia kriegt ihren Peter. Hach. Na gut. Ich nehme das eher so hin und erlebe meinen Fanfreudeausbruch eher bei einer Folge wie „Letters of Transit“, dem absoluten Höhepunkt dieser Season. Genau in diesem dystopischen Stil hätte man meiner Meinung nach von Beginn an loslegen sollen. Bleibt die Hoffnung, dass die 5. und letzte Staffel diesen Hunger stillen wird. Noch ein paar Worte zum Finale: dessen zweiter Teil mit der Enthüllung des Oberbösewichts hat mich ziemlich enttäuscht, da stimmte von Hinführung über Auflösung bis hin zur Motivationsbegründung sehr wenig. Es ist dem eingespielten Autorenteam, dem Cast und natürlich dem wieder fantastisch schauspielernden John Noble zu verdanken, dass es dieses Jahr doch noch hauchdünn für eine gute Wertung gereicht hat.

Gesamtwertung: 5,03 Punkte (gut)
Anzahl hoher Einzelwertungen: 1x 6,0 Punkte ; 4x 5,5 Punkte
Best of Season: S4E19 Letters of Transit 

Game Of Thrones (Season 2)

"Das war so aber nicht im Buch" dürfte wohl der meistgefallene Satz bei der Sichtung der zweiten Staffel gewesen sein. Zumindest unter Kennern der Buchvorlage, deren Zahl seit der Ausstrahlung der Serie zumindest in meinem Bekanntenkreis durchaus beachtlich angestiegen ist. Zu Beginn gefiel es mir sogar, wie langatmige Kapitel entweder ausgelassen oder auf ihren Spannungspunkt gebracht wurden. Denn die Vorlage „A Clash of Kings“ kommt im Vergleich zum ersten Band doch eher gemächlich in die Gänge, beim Lesen hatte ich manchmal gar das Gefühl, dass George RR Martin stellenweise sehr lange brauchte, um seinen Fans so etwas wie eine spannende Wendung oder ein erinnerungswürdiges Geschehnis anzubieten. Jedoch häuften sich in der Serie dann doch die Momente, wo das geschriebene Wort den Konsumenten deutlich besser zu fesseln vermochte als die Bilder. Als Stichwort verweise ich auf die Jagd von Theon Greyjoy nach Bran und Rickon, dessen Twist im Buch viel besser wirkte. Oder die Erlebnisse von Daenerys im Tempel der Warlocks, die in der Serie stark verkürzt sind und optisch kaum umgesetzt wurden. Wertungsmäßig wirkte sich das insofern aus, als es mehrfach „nur“ für ein "gut" statt des "sehr gut" reichte. Lediglich die imposante Verfilmung der Schlacht von Blackwater, die eine ganze Episode vereinnahmte, konnte diesmal die höchste Wertung für sich beanspruchen. Immerhin: die letzte Einstellung der Schlussfolge ließ zumindest mich sofort freudig zum nächsten Band greifen. Insgesamt sehr gute Unterhaltung, der im Vergleich zur ersten Season/ zum ersten Buch aber doch eine Kleinigkeit zur absoluten Spitzenklasse fehlt.

Gesamtwertung: 5,70 Punkte (sehr gut)
Anzahl hoher Einzelwertungen: 1x 6,0 Punkte ; 5x 5,5 Punkte
Best of Season: S2E09 Blackwater 

Justified (Season 3) 

Deputy Marshal Raylan Givens regelt. Auch in Staffel 3. Harlan County und Justified sind in sicheren Händen. Wer bisher mit der Show um kleine und große Gangster in der kaffigen Gegend des östlichen Kentucky etwas anfangen konnte, wird auch dieses Mal wieder vollamtlich bedient. Lässiger Gesetzeshüter, fiese Schurken, coole Sprüche und immer ein Zeigefinger am Abzug eines Revolvers. Die bereits bekannten und liebgewonnenen Nebencharaktere überzeugen erneut (meine Favoriten weiterhin: Dickie Bennett und Dewey Crowe), mit dem blonden Psychopathendarsteller Neal McDonough als Givens' Gegenspieler Robert Quarles und dem zwielichtig intrigierenden Ellstin Limehouse (Mykelti Williamson) gewinnt der Cast zusätzlich an Durchschlagskraft. Der große Qualitätsschuß, sprich 6 Punkte, fehlen zwar, dafür spielen fast alle Episoden in der Riege zwischen 5 und 5,5 Punkten. Wegen des gelungenen Finales werte ich die Punktzahl dieses Jahr auf die Gesamtwertung „sehr gut“ auf. Aktuell eine sichere Bank Polizeidienststelle in der US-Serienlandschaft.

Gesamtwertung: 5,45 Punkte (sehr gut)
Anzahl hoher Einzelwertungen: 6x 5,5 Punkte

Person Of Interest (Season 1) 

Tolle Besetzung, interessantes Setting, sehr starker Start. "Person of Interest" machte vieles richtig. Hier der geniale IT-Experte, der geschickt aus dem Dunklen heraus arbeitet, dort der abgehärtete Haudrauf, der selbst eine bis an die Zähne bewaffnete Mini-Armee auf einer Fläche von drei Quadratmetern in Grund und Boden prügelt. Das ließ sich prima an, jedoch hegte ich ab der dritten Episode schon erste Befürchtungen, dass der Ablauf zu prozedural werden könnte. Maschine spuckt Nummer aus, Finch hackt, Reese ballert, eventuell kleiner Twist hinsichtlich Täter-Opfer-Rolle, Detective Carter tappt im Dunkeln, Bösewichter tot, Ende. Die zur Auflockerung eingebauten Rückblenden gingen interessehalber leider so ziemlich an mir vorbei, mit Episoden wie der zahnschmerzhaft twistigen Aufdeckung des ultrabösen Mafiabossanwärters (S1E08: Foe) und dem Rührstück über den armen, sozial benachteiligten schwarzen Jungen (S1E14: Wolf and Cub) setzte man für mich absolute Lowlights der Staffel. Allerdings funktionierte die Mixtur in den letzten fünf Episoden der Staffel wieder so großartig, dass ich mich richtig drauf freute, wenn John Reese Frauenschlägern, angeheuerten Killern oder anderem Gesocks so richtig mit Schmackes ein paar gepflegte Malträtierungen angedeihen ließ. So gelang „Person of Interest“ am Ende doch noch die Punktlandung auf dem knappen „Gut“.

Gesamtwertung: 5,00 Punkte (gut) 
Anzahl hoher Einzelwertungen:  6x 5,5 Punkte

Sherlock (Season 2) 

Drei Episoden sind ja eigentlich keine Staffel, aber die Briten sehen das anders. Immerhin bot jede der Episoden 90 Minuten Unterhaltung. Und die fiel wie schon in der ersten Season größtenteils schlicht und ergreifend brillant aus. Über „A Scandal in Belgravia“ habe ich mich ja bereits ausgelassen, „The Reichenbach Fall“ steht dem in Sachen Genialität in keinster Weise nach. Charismatische Figuren wie Irene Adler (Lara Pulver) und Jim Moriarty (Andrew Scott), die akribische, verwirrende, aber auch trockenem Humor durchsetzte Ermittlungsarbeit von Holmes und Watson und die großartig ausgetüftelten Geschichten, in denen jedes Puzzleteil am Ende zu einem großen Ganzen zusammengeführt wird, kennzeichnen auch diesmal „Sherlock“. Bleibt die mittlere Folge, die schon fast traditionell von der Qualität her abfällt. „The Hounds Of Baskerville“ bleibt gerade von der Story und ihrer Auflösung her doch deutlich zurück, da retten auch Cast und der restliche Rahmen wenig. Dies vermasselt letztlich leider knapp die Höchstwertung. Auch Genies können sich also noch verbessern.

Gesamtwertung: 5,89 Punkte (sehr gut) /
Anzahl hoher Einzelwertungen: 2x 6,0 Punkte
Best of Season: S2E01 A Scandal in Belgravia, S2E03 The Reichenbach Fall 

Weiter geht es demnächst mit Ersteindrücken zu:
Men At Work (Season 1)
Futurama (Season 7)
Weeds (Season 8)
The Newsroom (Season 1)
Falling Skies (Season 2)
Louie (Season 3)

Kommentare

  1. Endlich mal wieder ein Thema, zu dem ich was sagen kann... ;-)

    "Awake" fand ich auch ziemlich stark. Habe ungefähr bis zur Hälfte geschaut und dann aufgrund der Absetzung aufgegeben. War zwar gut, aber so ohne Zukunft ist mir die Zeit zu schade.

    Zu "Fringe" habe ich meinen Senf ja schhon ausführlich geschrieben. Sehe die Staffel insgesamt aber stärker, als du.

    "Game of Thrones" werde ich erst später schauen. Vielleicht hole ich mir dann gleich das Doppelpack und schaue die erste Staffel auch noch einmal.

    "Justified" befindet sich schon im Warenkorb und wird bei günstigem Kurs bestellt.

    Bei "Person of Interest" bin ich auch irgendwann ausgestiegen. Fand ich zwar gut, aber die Zeit war mir dann doch zu knapp für noch eine Procedural-Serie.

    "Sherlock" ist auch schon so gut wie bestellt...

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  2. Awake: wenn es die Serie irgendwann mal billig zu kaufen gibt, heißt es zuschlagen. Hat mir sehr gut gefallen und der Schluss enttäuscht wirklich nicht.

    Fringe: habe ich mir gerade bei zavvi.co.uk für knapp 13 Euro die zweite und dritte Season als Blu-ray geholt. DVD-Version ist bei denen teurer. Diese Engländer, unglaublich!

    Game of Thrones: kann man so machen. Bin jetzt bei Seite 335 im dritten Band, dieses Mal also werde ich das Buch wohl länger durch haben, bevor die Staffel beginnt. Mal gespannt, wie das sich auf das Seherlebnis auswirkt.

    Justified: da konnte ich mir seinerzeit die Blu-ray von Season 1 sichern. Als US-Import ohne Regionalcode. Leider ist Axelmusic mittlerweile pleite.

    Person of Interest: kann ich nachvollziehen. Habe bei der Sichtung auch ein paar Pausen eingelegt. Tut der Show gut, wenn man nicht Woche für Woche denselben Aufbau sieht.

    Sherlock: kannste nichts falsch machen mit ;)

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  3. Was? Da holst du ganz schön auf, was "Game of Thrones" angeht. Hatte ich nicht mal ein ganzes Buch Vorsprung? Unglaublich! Dümpel gerade so bei Seite 550 rum und komm nicht recht weiter. Wird Zeit, dass der Urlaub vorbei ist und ich pünktlich zum Lesen ins Bett komme... ;)

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  4. Ach, so ein Kapitelchen pro Tag ist schon mal drin. Sind leider wieder ein paar dabei, wo außer vielen Ritternamen nicht so viel geboten wird.

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  5. Ich muss gestehen, dass ich dieses Jahr gar nicht so viel geschaut habe. Fringe ist dabei, Game of Thrones, ansonsten noch Hawaii Five-O. Shameless und Califonication liefen schon zu Beginn des Jahres, Chuck war Ende letzten Jahres vorbei.

    Fringe ist nach wie vor nett, ich finde sogar die Season 4 insgesamt etwas runder, als noch Season 1 oder 2. Aber für mich ist diese Serie nicht so stark, wie die anderen Abrams-Serien Alias und Lost. Immer noch gut, aber der Standard war schon mal höher.

    Game of Thrones ist für mich auch "nur" nett. Was der Serie wirklich gut gelingt, ist die Stimmung der Buchvorlagen einzufangen. Aber in meinen Augen kommen viele Storystränge zu kurz, andere werden mir dagegen zu lange ausgebaut. Bspw. kann ich mich gar nicht daran erinnern, dass Daenerys so lange in der Stadt war und ihre Drachen gestohlen wurden. Auch die Story um Jon Snow im Norden kam mir ungewöhnlich lang vor. Allerdings bin ich schon gespannt, was sie nun aus dem dritten und vierten Band machen werden... Insgesamt ist aber Game of Thrones auch keine Serie für mich, die ich ein zweites mal schauen würde.

    Nach wie vor empfehlenswert halte ich Hawaii Five-O, für mich momentan die einzige sehenswerte Actionserie. Die Charaktere sind cool, die Storys interessant aufgemacht und es gibt sogar soetwas wie eine mysteriöse übergreifende Hintergrundstory.

    Ich freue mich erst mal auf Fortsetzungen von Treme, dann 17th Precinct (neue Ron Moore-Serie - wenn sie denn mal kommt), ab Herbst auf Revolution (neue Abrams-Serie, hoffentlich nicht wieder ein Flop wie Undercovers oder Alcatraz), Defiance (hoffentlich mal wieder eine sehenswerte SciFi-Serie) und Fortsetzungen von Fringe, Californication und Shameless.

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  6. Ist ja doch noch ein ordentliches Programm. LOST war besser als Fringe, bis sie in der 6. Staffel..., ich darf mich nicht aufregen. Hoffen wir mal, dass Fringe einen besseren Abschluss findet.

    Games Of Thrones: ja, es ist ein zweischneidiges Schwert, die Sache mit den Büchern und der Serie. Mir war auch einiges zu lang, vor allem Jon Snow mit seiner Ygrette, Robb mit seiner Freundin - aber das kommt nun mal alles im dritten Band vor, von daher passte das schon. Für Season 3 will ich den dritten und vierten Band durch haben, um nicht überrascht zu werden.

    Shameless wurde ja erst kürzlich wieder auf SpOn in höchsten Tönen gelobt, aber ich weiß nicht, ob das bei mir nicht eher Mitleid statt Lachen auslöst. Eine Folge hatte ich ja gesehen, fand dabei vor allem die älteste Tochter großartig, aber Elend brauch ich nicht auch noch im Fernseher...

    Hawaii Five-O: irgendwann, irgendwann.

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